MAV Plakatleinwand Aufn  17 03 2016

Aufnahme: A. Ziesmann

Bezahlte Freistellung für Arztbesuch

Bezahlte Freistellung für Arztbesuch

In welchen Fällen haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine bezahlte Freistellung?
Das Bundesarbeitsgericht beschloss in einem Urteil vom 29.02.1984 (Az.: 5 AZR 92/82):

„Vergütung für die aus Anlass eines Arztbesuches ausgefallene Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer nur verlangen, wenn der Arztbesuch notwendig war.“

Eine Notwendigkeit ist üblicherweise in folgenden drei Fällen gegeben:

1. Die medizinische Notwendigkeit
Starke Zahnschmerzen, hohes Fieber oder ein Unfall: Macht der körperliche Zustand des Arbeitnehmers einen zeitnahen Arztbesuch unumgänglich, hat der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter bezahlt freizustellen.

2. Die zeitliche Notwendigkeit
Auch bei Untersuchungen, die an bestimmte Uhrzeiten geknüpft sind, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung. Dies kann beispielsweise eine morgendliche Blutabnahme sein, zu welcher der Patient nüchtern sein muss.

3. Die terminliche Notwendigkeit
Vergibt die vom Arbeitnehmer ausgewählte Arztpraxis grundsätzlich keine Termine außerhalb der Arbeitszeiten, hat der Arbeitnehmer ebenfalls einen Anspruch auf bezahlte Freistellung. Auch dann, wenn für die Behandlung keine besondere Dringlichkeit besteht. Das Verlangen seitens des Arbeitgebers, einen anderen Arzt aufzusuchen, der Termine außerhalb der Arbeitszeit anbietet, ist nicht rechtmäßig (vgl.: BAG 29.02.1984, Az.: 5 AZR 92/82).

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer müssen sich aufgrund ihrer aus dem Arbeitsvertrag hervorgehenden Rücksichtnahmepflichten darum bemühen, den Schaden – also den Arbeitsausfall – für ihren Arbeitgeber möglichst gering zu halten. Sie sind dazu verpflichtet, sich um einen Termin außerhalb oder am Rande der Arbeitszeiten zu bemühen. Erst, wenn diese Bemühungen nachweisbar scheitern, haben Arbeitnehmer unter Umständen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung.

Statt des hier beschriebenen Anspruchs auf bezahlte Freistellung nach § 616 BGB kann sich auch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ergeben. Diese Vorschriften greifen, wenn eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Für den Arztbesuch während der Arbeitszeit ergibt sich daraus, dass der oder die Betroffene bereits während des Arztbesuchs arbeitsunfähig erkrankt sein muss. Mehr Infos dazu im Praxistipp der ver.di b+b

„Freistellung und Vergütungspflicht bei vorübergehender Arbeitsverhinderung“.

Im oben beschriebenen Fall verdrängen die Vorschriften des EFZG die Regelung des § 616 BGB. Auf den ersten Blick erscheint das unwichtig, allerdings ist § 616 BGB im Gegensatz zu den Regelungen des EFZG tariflich abdingbar – was bedeutet, dass von § 616 BGB abweichende Sachverhalte in Tarifverträgen geregelt werden können.

Weitere Informationen zu Arztbesuchen während der Arbeitszeit